1. Auktion 20.2.1999, Handelsblatt Nr. 40/1999 E-Mail

Eine marktsymptomatische Autographenauktion

Ein neuer Trend: Signierte Porträtfotos

HANDELSBLATT, Donnerstag. 25.2.99 KREFELD. Erstaunliches tut sich auf dem Autographenmarkt. Ein neuer Trend hat soeben zur Gründung eines neuen Autographenauktionshauses in Krefeld geführt. Axel Schmolt, der 20 Jahre lang beim Briefmarkenauktionshaus Ulrich Felzmann in Düsseldorf die Autographen bearbeitete und jetzt 45 Jahre alt ist, hat sich selbständig gemacht und in seiner ersten Auktion 1958 Handschriften aus den Bereichen Geschichte, Literatur, Bildende Kunst, Wissenschaft, Luftfahrt, Weltraumfahrt und Sport mit bestem Erfolg versteigert, Das Überraschende an dieser Auktion ist, daß er im Bereich der Opern- und Operettensänger sowie überhaupt in der Sparte Bühne, Film und Tanz vor allem Porträtfotos mit Widmungen zum Teil längst vergessener Akteure mit überwältigendem Erfolg an ein Internationales Publikum verkaufen konnte. Bisher wurden solche Dinge nur in Mengenkonvoluten verkauft. Jetzt bringen sie einzeln die Preise, die bisher große Konvolute erzielten. Dieser neue Trend kommt aus Amerika. Amerikanische Händler und Privatbieter waren es denn auch, die zum Teil über Stunden am Telefon ausharrten, um sich gegenseitig in der Krefelder Auktion hochzubieten. Auch die Japaner waren hier sehr aktiv. Ein japanischer Sammler kaufte beispielsweise sämtliche Wilhelm-Furtwängler-Stücke dieser Auktion (sechs) zu meist weit über den Taxen liegenden Preisen zwischen 400 und 1.800 DM. Dabei handelte es sich oft nur um kleine Albumblätter mit lediglich einer Unterschrift und einer reproduzierten Porträtfotografie. Alles, was irgendwann einmal im Unterhaltungsbereich Rang und Namen hatte, ging hier wie in Amerika prächtig. Die zum Teil neue und sehr junge Sammlerschicht, die natürlich nicht mit dem Bildungsniveau des klassischen Autographensammlers mithalten kann, hat hier ein ihr adäquates Sammelgebiet gefunden. So kam ein Albumblatt der Comedian Harmonists mit reproduziertem Ensemblefoto vom Mai 1929 durch Saalgebot auf 3.200 (1.000) DM. Die deutsche Sopranistin Lilli Lehmann, Mitwirkende bei den ersten Bayreuther Festspielen 1876, kam mit vollem Namenszug auf einem Rollenfoto von 200 auf 720 DM. Der durch den Film populäre Tenor Joseph Schmidt erreichte mit seinem vollen Namenszug auf einem Porträtfoto des Berliner Ross-Verlages 870 (450) DM. Für 200 signierte Porträtpostkarten dieses Ross-Verlages wurde der höchste Zuschlagpreis der Auktion erzielt. Nach einem wilden Bietgefecht am Telefon über den Ozean siegte ein deutscher Privatsammler mit 8.600 (2.500) DM. Von 380 auf 1.500 DM hob ein Saalbieter ein Rollenfoto mit Signatur der Maria Callas aus Mailand 1957, und von 140 auf 1.050 DM stieg ein Rollenfoto des Lohengrin-Sängers Leon Gritzinger aus Dresden, 1893. Das was für Sänger und Sängerinnen gilt, gilt auch für Dichter und Wissenschaftler. Die meisten der hier angebotenen, oft nur gedruckten Fotos waren gerahmt. Im Falle Thomas Mann kaufte ein Sammler sämtliche dieser gerahmten und gedruckten sowie signierten Fotos zu Preisen zwischen 520 und 640 DM. Bei dieser Konstellation ist es nicht verwunderlich, wenn Porträts mit Unterschriften von Persönlichkeiten der neueren und neuesten Geschichte In die Höhe flogen. So kaufte ein japanischer Sammler beispielsweise für 2.500 (900) DM eine leicht gebrauchte Porträtpostkarte mit Signatur Adolf Hitlers von 1939.

Christian Andree